Kanzelabkündigung für den 1. Advent 2021 von Landesbischof Tobias Bilz

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Liebe Schwestern und Brüder in den Kirchgemeinden unserer Landeskirche,

zum 1. Advent und zu Beginn des neuen Kirchenjahres grüße ich Sie mit diesem Ermutigungswort des Apostels an seinen überforderten Schüler Timotheus. Es hilft mir, durch eine neue Welle der Covid- 19-Pandemie und die damit verbundenen Belastungen und Einschränkungen hindurchzukommen.

Gottes Geist ist uns gegeben! Diese gute Nachricht zuerst. Sie richtet sich an unsere Ängste, die so vielfältig sind wie wir. Haben Sie Angst vor Corona oder vor der Impfung? Fürchten Sie sich vor Freiheitseinschränkungen und Kontrolle oder vor Rücksichtslosigkeit und Egoismus? Ängste werden oft nicht durch Argumente genommen, sondern durch die Erfahrung von Geborgenheit. Deshalb hat Jesus Christus der Kirche seinen Geist geschenkt. Er ist auch jetzt da, trotz aller Erfahrung von Ohnmacht und Ausgeliefertsein!

Gottes Geist hat Kraft. Es ist unsere Verantwortung, diese Energie zum Guten zu nutzen. Ich beobachte den stärksten Kraftverlust dort, wo Streit ist. Verzichten Sie in diesen schwierigen Wochen auf fruchtlose Auseinandersetzungen, betonen Sie das Verbindende und ermutigen Sie einander!

Der Geist Gottes setzt Liebe frei. Die aktuelle Situation führt uns in die Versuchung der Selbstbeschäftigung. Gottes Geist aber möchte uns dazu bewegen, andere in den Blick zu nehmen. Ich denke zuerst an die von Corona Betroffenen und an die, die sich um sie kümmern. Ich halte zugleich Ausschau nach den Leidenden, die in meiner Nähe sind. Was benötigen Sie jetzt von mir? Ohne Zweifel muss alles dafür getan werden, Maßnahmen gegen Corona zu ergreifen. Das befürworte ich trotz aller Unsicherheiten ausdrücklich! Es ist darüber hinaus die besondere christliche Berufung, andere zu trösten und ihnen Hoffnung zu vermitteln.

Schließlich bringt der Heilige Geist Besonnenheit mit. Dadurch wirkt er unserer Neigung entgegen, sich von Emotionen bestimmt zu lassen. Im Moment begegnen mir besonders Ärger und Bitterkeit, Auflehnung und Verzweiflung. Der Geist der Besonnenheit aber fragt danach, was jetzt besonders gebraucht wird und hilft. Damit lenkt er die Aufmerksamkeit weg von den Problemen hin auf die Möglichkeiten. Tun Sie bitte besonnen das, was in ihrer Macht steht, um Corona entgegenzuwirken. Das ist schwer genug. Entlasten wir uns von über­mäßigen Erwartungen für die Advents- und Weihnachtszeit und stärken stattdessen die Gelegenheiten für Besinnung.

Ich danke Ihnen von ganzem Herzen für Ihre Treue, Ihren Einsatz und Ihre Verbundenheit mit Ihrer Gemeinde und unserer Kirche in dieser schwierigen Zeit.

Die Vorbereitungszeit auf das Fest der Christgeburt sollte in diesem Jahr eine Zeit des verstärkten Gebetes sein. Schütten Sie Gott ihr Herz aus und beten Sie so, wie es zu Ihnen passt. Vor allem dafür, dass Gottes Geist uns Kraft, Liebe und Besonnenheit schenkt. Ich selbst werde in den Adventswochen jeden Abend 18:00 Uhr gemeinsam mit allen beten, die sich anschließen möchten.

Gott segne und behüte Sie und Ihre Gemeinden. Er bewahre Sie vor Resignation und schenke Ihnen Frieden!

Tobias Bilz, Landesbischof

Christus ist Bild des unsichtbaren Gottes

Christus ist Bild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene der ganzen Schöpfung. (Kolosser 1,15)

Liebe Gemeinde!

Dieser Satz mag zuerst abstrakt klingen. Was können wir damit anfangen? Christus ist das Bild des unsichtbaren Gottes. Das meint, er ist gleich im Wesen mit dem Vater.

„Wer mich sieht, sieht den Vater“, so sagt es Jesus selbst im (Johannesevangelium Kap. 14).

Wenn Jesus als Erstgeborener bezeichnet wird, dann meint es keine zeitliche Bezeichnung. Sondern es ist seine Hervorhebung und seine überlegene Stellung. Es ist ein Hoheitstitel, der Jesus als Gott erweist.

Wir kennen verschiedenste Titel für Jesus. Petrus bezeichnet ihn als „Christus, Sohn des lebendigen Gottes“. Jesus selbst bezeichnet sich manchmal als Menschensohn. Damit weist er darauf hin, dass er der erwartete und angekündigte Messias ist.

Als der Blinde in Jericho, Bartimäus, hörte, dass Jesus vorbeikam, schrie er aus Leibeskräften:

„Du Sohn Davids, erbarm dich über mich!“ (Markus 10, 48)

Auch das ist ein Hoheitstitel. Die Juden erwarteten und erwarten bis heute den Messias, den Heilsbringer hier auf Erden, der aus dem Geschlecht Davids kommt. Die Menschen damals erkannten in Jesus den erhofften Messias. Wir Christen sahen damals und heute in Christus die Hoffnung auf den messianischen Heilsbringer erfüllt.

Es gibt viele Titel für Jesus Christus. Der Herr, griechisch: Kyrios. Der Heiland. Der Retter. Viele Titel stellen seine Überlegenheit gegenüber der gesamten Schöpfung heraus. Sie bezeugen, dass Jesus stärker ist als alles, was uns von Gott trennt. Er ist Sieger über den Satan.

Es gibt andere Bezeichnungen. Jesus als unser Arzt. Unser Tröster. Unser Lehrer und Rabbi. Unser Bruder. Unser Freund.

Welcher dieser Namen für Jesus spricht uns an? Wie würden wir Jesus für uns in unserer persönlichen Situation bezeichnen?

Nehmen wir uns doch ein wenig Zeit, um über diese Frage nachzudenken. Wie wir ihn gerade bezeichnen sagt etwas aus über unsere eigene persönliche Beziehung zu ihm. Oder habe ich gar keine? Es sagt auch etwas aus über meine Situation, in der ich mich befinde. Bin ich krank, dann sehe ich ihn wohl eher als Arzt. Bin ich traurig, ist er mein Tröster. Bin ich einsam, ist er mein Freund.

Jesus möchte mit uns in einer persönlichen Beziehung sein. Wir dürfen ihm die Tür öffnen.

Herzliche Grüße
Pfarrerin Ulrike Lange

Worüber freuen wir uns?

„Freut euch darüber, dass eure Namen im Himmel verzeichnet sind.“ (Jesaja 50,10)

Worüber freuen wir uns? Über gute Gesundheit, das ist wichtig. Das wissen wir alle, gerade in diesen Zeiten. Und über die Familie, wenn es gut läuft, und man zusammen hält. Wenn die Kinder und Enkel ihren Weg gehen. Wir freuen uns über ein schönes Beisammensein. Ein gutes Buch, ein erfüllendes Erlebnis.

Aber Jesus fordert uns noch zu ganz anderer Freude heraus. Jesus hatte siebzig Jünger ausgesandt. Sie sollten in verschiedene Orte gehen, durch die Jesus auch ziehen wollte. Sie sollten an den Türen fremder Häuser klopfen und die Kranken heilen und die frohe Botschaft predigen. Sicher eine große Herausforderung damals für die Jünger. Es war eine Art Vorübung für sie im Hinblick auf die Zeit, in der Jesus nicht mehr da sein würde.

Die Jünger kommen heim voller Freude, und begeistert erzählen sie Jesus von ihren Erlebnissen. Sie selbst haben Dämonen und böse Geister ausgetrieben. Offenbar sprudeln alle Erfahrungen nur so aus ihnen heraus.

Jesu Antwort scheint etwas ernüchternd: Freut euch nicht darüber, sondern freut euch darüber, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind. Jesus wendet ihren, und auch unseren, Blick fort von den irdischen Dingen, die uns so oft vereinnahmen.

Wie oft sind wir überaus gefangen und beschäftigt mit den Dingen hier auf dieser Erde?! Die wichtigen Fragen des Glaubens scheinen aus dem Blick zu geraten.
Was ist wirklich wichtig und was zählt? Jesus sagt es: dass unsere Namen im Himmel aufgeschrieben sind. Dass wir zu Gott gehören. Dass wir Kinder Gottes sind. Dass uns der Glaube wichtig ist und uns trägt. Dass sich unser Leben nicht im Hier und Jetzt erschöpft. Nein! Es gibt noch viel mehr. Es gibt noch eine ganz andere Welt, die sich hinter dieser vergänglichen verbirgt. Und die uns erwartet, wenn unser Leben hier vollendet ist. Das Beste kommt noch, so sagen wir Christen.

Es ist eine Freude, aber auch eine Mahnung. Achtet nicht nur auf die irdischen Dinge. Sorgt auch um eure Seelen, sorgt euch um euer Seelenheil! Das ist doch so viel wichtiger als die Dinge, die irdisch und vergänglich sind.

Mit diesen Gedanken wünsche ich uns, dass wir getrost ins ungewisse Jahr 2021 gehen können. An Jesu Hand wird uns das gelingen.

Gottes Segen wünscht Pfarrerin Ulrike Lange

Ein Leben mit Jesus

„Wer im Dunkel lebt und wem kein Licht leuchtet, der vertraue auf den Namen des Herrn und verlasse sich auf seinen Gott.“ Jesaja 50,10

Liebe Gemeinde!

Vor ein paar Jahren waren wir in der Hermannshöhle im Harz. Dort leben Grottenolme. Sie wurden in den Jahren 1932 bis 1956, eigentlich aus Istrien stammend, dort angesiedelt. Sie sind nun eine Touristenattraktion. Die weißen Lurche leben ausschließlich in dem Wasser einer Höhle. Sie leben im ständigen Dunkel, ohne Licht. Deshalb sind ihre Augen auch funktionslos. Ihre Haut ist weiß und unpigmentiert. Aber Forscher haben herausgefunden: bei Bestrahlung können diese aalartigen Tiere über die Haut Licht aufnehmen. Obwohl sie im Finsteren leben, können sie sich an andauernde Lichtreize gewöhnen und sie werden von schwacher Bestrahlung sogar angelockt. Auch die Augen können beginnen, etwas wahrzunehmen.

Nach der Auffassung der Bibel leben wir Menschen ohne Gott auch in der Dunkelheit. Wir kennen Jesus nicht und gehen unsere eigenen Wege.

Im Epheserbrief im 2. Kapitel heißt es gar, dass wir tot waren durch unsere Übertretungen und Sünden. Wir können jetzt sagen: „Mir geht es doch soweit gut, ich bin sehr lebendig, ich bin noch halbwegs gesund, freue mich an meinen Enkeln und bin dankbar, dass ich manchmal noch eine Reise unternehmen kann. Warum sollte ich tot sein?“

Diese Aussage bezieht sich weder auf unseren Körper noch auf unsere Seele. Sie meint unseren Geist. Ohne den Glauben an Jesus Christus ist dieser Geist tot, auch wenn es uns seelisch oder körperlich gut geht. Aber geistlich gesehen leben wir so wie die Grottenolme, ohne Licht in einer Höhle.

Im 1. Johannesbrief wird uns beschrieben:

„Das ist die Botschaft, die wir von ihm gehört haben und euch verkünden, dass Gott Licht ist, und in ihm ist keinerlei Finsternis.“ (1. Joh.1,5).

Eine Lebensentscheidung für Jesus Christus bedeutet also, dass wir uns von der Dunkelheit dem Licht zuwenden, weil Gott selbst das Licht ist. Das ist unabhängig von unseren Gefühlen, unserem Gesundheitszustand oder auch unseren intellektuellen Erkenntnissen. Es ist ein grundsätzlicher Unterschied.

Jesus sagt uns:

„Ich bin in die Welt gekommen als ein Licht, damit, wer an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibt.“ Johannesevangelium 12, 46

Ein Leben mit Jesus bedeutet, dass unser menschlicher Geist zu neuem Leben erweckt wird. Wir können Dinge, die wir vorher nicht erkannt haben, plötzlich geistlich beurteilen. So, wie die Augen der Grottenolme bisher zwar vorhanden, aber funktionslos waren, aber nun Lichtreize wahrnehmen, können wir mit unseren geistlichen Augen sehen. Statt Finsternis und Unklarheit kommt immer mehr Licht und Helligkeit, und damit auch Freude in unser Leben. Das ist natürlich ein Prozess, der lebenslang andauert. Dazu braucht es auch Geduld.

Eine gesegnete Adventszeit wünscht allen
Pfarrerin Ulrike Lange

Was tut ein „guter Christ“?

Liebe Gemeinde!

Was tut ein „guter Christ“? Er geht sonntags in die Kirche, zahlt Kirchgeld und ist nett zu allen Leuten.

Das mag vielleicht eine Vorstellung sein. Aber das reicht nicht.

Ein Christ ist nicht nur am Sonntag aktiv. Auch im Alltag, im Beruf, Familie oder der Nachbarschaft ist der aktive Glaube gefragt. Und der gehört nicht nur hinter die dicken Kirchenmauern, sondern hinein in unsere Gesellschaft, in die Städte und Dörfer.

Viele Christen haben erkannt, dass wir uns einbringen dürfen zum Wohl unserer Dörfer und Gemeinden. Jeremia schreibt, dass wir für sie beten sollen. Das ist auch eine Aufgabe, für die Verantwortlichen in der Regierung, in der Kirchenleitung und Bürgermeister zu beten. Das tun wir regelmäßig in unseren Gebetskreisen und Gottesdiensten.

„Suchet der Stadt Bestes und betet für sie zum HERRN;
denn wenn’s ihr wohl geht so geht’s euch auch wohl.“, Jeremiah 29,7

Aber nicht allein das, wir können uns außerdem mit unseren Gaben und Möglichkeiten einbringen. Kirche ist, auch bei weniger werdenden Kräften, ein Ort der Heimat. Und hoffentlich auch ein Ort der Hoffnung, ein Ort, wo wir uns begegnen und untereinander stärken können.

Gerade wurden und werden neue Kirchvorsteher in ganz Sachsen gewählt. Menschen wollen sich nach wie vor investieren für ihre Kirche vor Ort. Viele Punkte stehen oft auf der Tagesordnung der einzelnen Sitzungen. Bau von Kirchen, Personalfragen usw., aber auch die Frage, wie wir für die Menschen in unserem Ort da sein und mit ihnen in Verbindung kommen können, damit wir als Christen von der Hoffnung weitergeben in unsicheren Zeiten. Es gibt dazu unterschiedliche Wege und Mittel.

Ich wünsche uns, dass wir uns, die Kirchgemeinden, und die Menschen in den Orten, nicht aus dem Blick verlieren, sondern Wege für eine Begegnung zum gegenseitigen Nutzen finden können.

Es grüßt herzlich
Pfarrerin Ulrike Lange

Stillung des Sturms

„Jesus war hinten im Boot und schlief auf einem Kissen.“, Markus-Evangelium 4, 38

Wir kennen die Geschichte von Jesus auf dem See Genezareth. Die See stürmt und tobt, die Jünger haben Todesangst. Die Wellen sind so hoch, dass sie Angst haben zu ertrinken. Das Boot füllt sich mehr und mehr mit Wasser und ist schon fast voll. Die Jünger versuchen, das Wasser auszuschöpfen, aber sie schaffen es nicht aus eigener Kraft.

Ich finde es immer wieder erstaunlich, auf das zu blicken, was Jesus tut. Er schläft, seelenruhig, auf einem Kissen im hinteren Teil des Bootes.

„Jesus, bekommst du denn gar nicht mit, was hier los ist. Auch dein Leben ist in Gefahr, wenn wir sinken! Stört es dich denn gar nicht, dass wir umkommen.“

So riefen die Jünger und so möchte man ihm auch heutzutage manchmal zurufen.

Jesus ist nicht beunruhigt. Er schläft.

Auch die Wellen unseres Lebens schlagen hoch. Wir können immer mehr beobachten, wie unser Lebensboot ins Schwanken gerät. Nicht nur unser ganz persönliches Boot, auch global gesehen nehmen die Stürme immer mehr zu.

Am Anfang der „Coronapandemie“ hatten wir die Hoffnung: wenn wir uns an die Sicherheitsvorkehrungen halten und alles beachten, dann ist es vielleicht ganz schnell vorbei. Mittlerweile fragen wir uns: wie lange dauert diese Krise an? Wann haben wir sie überwunden, wie wird das möglich sein? Immer mehr Fragen tauchen auf, aber keiner kann eine Antwort geben.

Unser Lebensboot schwankt und die Stürme werden zunehmen! Die Bibel sagt es uns voraus. Welche Antworten können wir als Christen geben? Wir können nicht sagen, wie sich die Zukunft gestalten wird. Wir können nicht beschwichtigend sagen: „Es wird alles wieder gut, nächstes Jahr ist alles vorbei!“

Aber wir können zu Jesus rufen. Wir können uns an Jesus festhalten. Gerade in dieser Zeit ist es entscheidend wichtig, dass wir unsere Augen auf Jesus richten. Wenn wir auf den Sturm blicken, werden wir hinweg geweht von den Stürmen der Zeit. Aber wenn wir auf Jesus blicken, haben wir Sicherheit. Er ist der „Schalom“, er ist die Ruhe im Sturm. Alle anderen Sicherheiten werden weggeweht. Nur auf ihn sollen wir vertrauen. Als die Not der Jünger am größten ist, gebietet er dem Sturm, dass er aufhören soll. Sofort entstand eine große Stille.

Das ist in unserer Zeit entscheidend wichtig. Für uns persönlich, uns als Christen, die in die Gemeinde gehen. Aber nicht nur für uns. Auch für die Menschen, die um uns herum leben, in unseren Dörfern, für unsere Nachbarn und Arbeitskollegen. Auch für sie ist es so wichtig, dass sie um diesen sicheren Anker in unseren Zeiten wissen.

Machen wir uns wieder neu fest im Glauben an diesen Herrn unseres Lebens, damit wir seinen übernatürlichen Frieden und seine Ruhe erfahren dürfen!

Es grüßt mit einem herzlichen „Schalom“
Pfarrerin Ulrike Lange

Fortsetzung Geschichte in Geschichten

So gebe ich Dir jetzt auch sein heiliges Wort. Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein.

Merkst Du´s nicht? Wie das Wort Dich auf die Höhe hebt und an die Seite stellt mit Deinem Gotte selber? Und von dieser Höhe aus wird Dein ganzes bisheriges Leben Dir wach und klar. Du verstehst es in seinen tiefsten Gründen und in seiner letzten Quelle. Mit seinen wechselnden Bildern zieht`s an Deinem inneren Auge vorüber. Du siehst alle die Stätten, an denen Du je geweilt in Freud und in Schmerz- und Du segnest sie. Du siehst alle die Menschen, die Dir begegneten und ein Gutes taten, tot und lebende, gegenwärtige und ferne – und Du dankst ihnen. Du siehst den einen, der durch Dein Leben hindurch schritt, dieses Lebens erster und letzter Regent, und Du betest an Deinen Gott.

Alle gute Gabe und alle vollkommende Gabe kommt von oben herab, von dem Vater des Lichts, wie wir ihn kennen und haben durch unsern Erlöser Jesus Christus.

Er schenkte das, was Dein Leben schmückte und beglückte, die sonnige Kindheit und Jugendzeit. Er stattete Dich reich aus mit Gaben des Geistes und Gemüts. Er führte Dich wunderbar und behütete Dich und rettete Dich hindurch durch die krachenden Wetter des Weltkriegs, durch schwere Verwundung, durch hundertfache Todesgefahr. Er sagte Dir´s damit, dass er Dich braucht, und mit Dir etwas erreichen will. Er war mit Dir, er wird mit Dir sein. Deine Hand in seiner Hand, darfst Du´s sprechen: Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein.

Kirche St. Andreas Gesau, Zeichnung von Bernd Schottstedt

Das täusche Dich nicht: Dein Beruf, der schönste der Erde, ist auch der umstrittenste. Umstritten jetzt gerade in dieser wogenden Zeit, in der die Geister immer schroffer sich scheiden. Wer es Dir sagen könnte, was an Kämpfen und Beschwerden Dir noch aufgehoben ist? Eine weise Liebe hat vor der Zukunft einen Vorhang gezogen und uns den Blick verwehrt. Und uns genügt´s zu wissen, dass wir nicht allein unsere Straße ziehen. Uns genügt´s zu wissen, Gott und ein Mann sind schon die Majorität über die ganze Welt. Uns genügt´s zu wissen, dass, wenn unsre Kraft nur Schwachheit ist, der Allmächtige doch den letzten Sieg behält! Mit ihm im Bunde rufst Du die Welt in die Schranken, rufst Du´s in die Zukunft, die unbekannte hinein:

Wer – wer mag wider uns sein, ist doch Gott für uns? Drei Worte, ein Strauß. Er verwelke nicht durch zwei Jahrtausende. Lass ihn frisch bleiben in Deinem Pfarrhaus, in Deiner Amtsstube, Deinem Herzen und Dir grünt der Frühling und lacht die Sonne und winkt der Segen. Es bleibt dabei:

Gott für Dich, Gott über Dir, Gott mit Dir.

Amen

Damit Endet die Predigt von Oberkonsistorialrat Sup. Dr. Dr. Franz Költzsch (1861-1927) bei der Ordination seines Sohnes Gustav Friedrich Költzsch (1890-1957) am 2.3.1919 in der Gesauer St. Andreas Kirche.

Christiane Scheurer

1. Teil von „Geschichte in Geschichten“
2. Teil von „Geschichte in Geschichten“
3. Teil von „Geschichte in Geschichten“
4. Teil von „Geschichte in Geschichten“
5. Teil von „Geschichte in Geschichten“

Gott kennt uns durch und durch

Liebe Gemeinde!

Wie geht es uns damit, dass Gott uns durch und durch kennt und uns durchschaut, selbst unsere innersten Gedanken und Gefühle, geheime Sorgen oder Ängste, Wünsche, die kein anderer Mensch kennt?

Vor Menschen können wir so manches verbergen. Aber Gott kennt uns und unsere Herzen. Vielleicht mag diese Tatsache beunruhigen. Aber sie kann auch entlasten. Gott brauche ich nichts vormachen. Er kennt sowieso, wie es in meinem Innersten aussieht. An ihn kann ich mich so wenden, wie ich bin und ich kann in jeder Lebenslage vor ihn kommen, so wie ich bin.

Wie mag es in Ihren in den letzten Wochen ausgesehen haben? Die Corona- Krise hat unser Leben hier in Deutschland, aber auch auf der ganzen Welt verändert. Und das in kürzester Zeit. Aber: eine Krise, und dazu noch so eine gewaltige, die wir gerade erleben, hat auch immer eine Chance. Mir kommt es so vor, als ob uns eine kollektive Zwangspause verordnet wurde. Vor „Corona“ war einer der häufigsten Sätze, die ich hörte: „Ich habe keine Zeit“, oder von den Älteren die Aussage: „Unsere Kinder haben doch auch mit sich zu tun, da kann ich nicht immer noch kommen…“

Insofern können wir diese „Corona-Zwangspause“ auch als ganz neue Möglichkeit verstehen. Als eine Gelegenheit, in der wir viel weniger Ablenkung, Zerstreuung, Feste und Vergnügungen haben. Natürlich ist das auch hart und trifft manchen schwer. Aber ist es nicht auch eine Chance, manches Zusammensein im engsten Familienkreis, auch das Gefühl, Zeit zu haben, wieder ganz neu zu entdecken?

Die Juden feiern jeden Samstag den Schabbat. Sie feiern ihn als den Tag, den Gott uns Menschen gegeben hat, um zur Ruhe zu kommen und sich aus der Begegnung mit Gott die Kraft für die kommende Woche zu holen, die sie brauchen. Vielleicht haben auch Sie im Konfirmandenunterricht das 4. Gebot gelernt: „Du sollst den Feiertag heiligen“.

Mögen wir diese Zeit nutzen, um neu zu erfahren, wie es ist, Zeit für Gott in unserem Alltag zu haben! Möge diese Zeit dazu dienen, dass wir erfahren, wie hilfreich eine Zeit des „Schabbat“ in unserem Wochenrhythmus sein kann.

Herzliche Grüße und Schalom Pfarrerin
Ulrike Lange

Fortsetzung Geschichte in Geschichten

Vierter Teil der Predigt von Oberkonsistorialrat Sup. Dr. Dr. Franz Költzsch (1861-1927) bei der Ordination seines Sohnes Gustav Friedrich Költzsch (1890-1957) am 2.3.1919 in der Gesauer St. Andreas Kirche.

… Und ein drittes Wort schon? Das errätst Du nicht. Aber es erzwingt sich den Eintritt in diese Stunde. Mein Wort dürfte ich es wohl im besonderem Sinne nennen.

Mein heiligstes Wort. Das Wort meiner eigenen Ordination. Wie ich Dich hier in Deinem ersten Ornat jetzt vor mir sehe, muss ich zurück denken an den Märztag vor 32 Jahren, an dem ich im Dom zu Freiberg, meiner Ordination harrend, stand. Ich zitterte vor Erregung und Bangigkeit.

Da brachte mir die Ruhe und den Frieden und den getrosten Mut das Wort, mit dem mich mein damaliger Superintendent ordinierte, das Epistelwort damals von Sonntag Judica:

„Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein.“, Römer 8,31

Kirche St. Andreas in Gesau um 1920

Kirche St. Andreas in Gesau um 1920

Zur Großmacht in meinem Leben ward dies Wort. Zum Gottesengel, der mit mir ging und schirmend und segnend seine Hand über mir aufhob. In allen großen Stunden begegnete es mir. Ich hatte entdeckt, dass es der Wahlspruch meines Philipp Melanchthon, des Reformators, gewesen.

Zu seinem 400. Geburtstage (16.0 2.1897, Anmerkung C.S.) predigte ich es den Tausenden in der Kreuzkirche. Und am Sonntag darauf, als eben am Geburtstag Melanchthons die Kreuzkirche (der Dresdner Kirchbau wurde in seiner Geschichte fünfmal zerstört, zuletzt im Zweiten Weltkrieg, Anmerkung C.S.) in Flammen aufgegangen war, der heimatlos gewordenen, verstörten, weinenden Gemeinde dasselbe Wort wieder, aber nun wie ein ganz neues.

Der Weltkrieg brach aus. Der große Buß- und Bettag war da. Und siehe, als Losungswort war gegeben Römer 8,31. Wie hat das die zweimal Sechstausend, die sich an jenem Tag in der Kreuzkirche versammelten, erschüttert, gebeugt, erquickt, gehoben, getröstet. Manchem Brautpaare schrieb ich´s in die Bibel, manchem Konfirmanden auf seinen Schein, manchem Gemeindeglied auf mein Bild. Mir selber immer wieder tief hinein ins eigne Herz. Und aus diesem inneren Heiligtum ziehe ich es jetzt empor. Du weißt, für Dich und deinen Bruder bin ich alles hinzugeben gern bereit.

Fortsetzung folgt …

(aus der Ordinationspredigt für seinen Sohn von Oberkonsistorialrat Sup. Dr. Költzsch)

Christiane Scheurer

1. Teil von „Geschichte in Geschichten“
2. Teil von „Geschichte in Geschichten“
3. Teil von „Geschichte in Geschichten“
4. Teil von „Geschichte in Geschichten“
5. Teil von „Geschichte in Geschichten“

Ich bin bei euch alle Tage

Liebe Gemeindeglieder, liebe Schwestern und Brüder!

Die Corona-Epedemie bewegt uns alle und die letzte Woche hat wohl jeden überrollt. Die Ereignisse haben sich förmlich überschlagen. Wohl jeder von uns wird Befürchtungen und bange Gefühle haben, weil keiner absehen kann, wie sich die Lage entwickelt und was sie für Folgen für unser Land, unsere Wirtschaft, unsere Kirchen, unseren Glauben und auch für jeden persönlich haben wird. Und ich denke, es ist normal, dass wir Angst haben oder besorgt sind, und wir dürfen uns das auch als Christen eingestehen. Allerdings können wir uns in solchen Zeiten, die wohl die wenigsten so erlebt haben, auf die Worte der Bibel stützen. Unser Herr Jesus Christus hat uns zugesagt:

„Denn siehe, ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende“. (Matthäus 28,20)

An diese Zusage wollen wir uns halten und darauf stützen. Jesus wird bei uns sein und uns begleiten, wenn wir ihn im Gebet darum bitten.

Darum werden wir als Haupt- und Ehrenamtliche in unserem Schwesterkirchverhältnis Glauchau, soweit uns das möglich sein wird, Ansprechpartner bleiben und die Kirchen offen halten für Gebet, Andacht und Fürbitte.

Nun sind aber die aktuellen Beschlüsse unseres Landeskirchenamtes gefasst, in Übereinstimmung mit der Allgemeinverfügung des Sächsischen Staatsministeriums vom 18.03.2020. Darin heißt es: „Für den Publikumsverkehr geschlossen sind u.a. Zusammenkünfte in Kirchen…“. Wir werden bis zum 20.04.2020 auf Gottesdienste verzichten.

Wir haben eine Gebetskette gebildet und es beten zurzeit viele Menschen aus unserer Region zu verschiedenen Zeiten. Hier nun meine Bitte: nutzen wir die Zeit, die wir nun verstärkt zu Hause verbringen und wo viele Freizeitaktivitäten und Reisen nicht mehr stattfinden für Gebet, Bibellesen und die Hinwendung zu unserem christlichen Glauben.

Bitte suchen Sie das Gespräch mit mir oder einem ehrenamtlichen Mitarbeiter unserer Kirchgemeinde, wenn Sie die derzeitige Situation zu sehr bedrängt oder beschäftigt. Bitte wenden Sie sich auch an mich oder die Pfarrämter, wenn Sie Hilfe beim Einkauf oder zur Unterstützung bei einer Quarantäne brauchen. Wir als Kirchgemeinde werden uns um Hilfe (sofern es uns möglich ist) bemühen und wollen Sie nicht alleine lassen!

Ich wünsche uns Gottes Segen, Schutz und Begleitung! Pfarrerin Ulrike Lange