Fortsetzung Geschichte in Geschichten

So gebe ich Dir jetzt auch sein heiliges Wort. Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein.

Merkst Du´s nicht? Wie das Wort Dich auf die Höhe hebt und an die Seite stellt mit Deinem Gotte selber? Und von dieser Höhe aus wird Dein ganzes bisheriges Leben Dir wach und klar. Du verstehst es in seinen tiefsten Gründen und in seiner letzten Quelle. Mit seinen wechselnden Bildern zieht`s an Deinem inneren Auge vorüber. Du siehst alle die Stätten, an denen Du je geweilt in Freud und in Schmerz- und Du segnest sie. Du siehst alle die Menschen, die Dir begegneten und ein Gutes taten, tot und lebende, gegenwärtige und ferne – und Du dankst ihnen. Du siehst den einen, der durch Dein Leben hindurch schritt, dieses Lebens erster und letzter Regent, und Du betest an Deinen Gott.

Alle gute Gabe und alle vollkommende Gabe kommt von oben herab, von dem Vater des Lichts, wie wir ihn kennen und haben durch unsern Erlöser Jesus Christus.

Er schenkte das, was Dein Leben schmückte und beglückte, die sonnige Kindheit und Jugendzeit. Er stattete Dich reich aus mit Gaben des Geistes und Gemüts. Er führte Dich wunderbar und behütete Dich und rettete Dich hindurch durch die krachenden Wetter des Weltkriegs, durch schwere Verwundung, durch hundertfache Todesgefahr. Er sagte Dir´s damit, dass er Dich braucht, und mit Dir etwas erreichen will. Er war mit Dir, er wird mit Dir sein. Deine Hand in seiner Hand, darfst Du´s sprechen: Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein.

Kirche St. Andreas Gesau, Zeichnung von Bernd Schottstedt

Das täusche Dich nicht: Dein Beruf, der schönste der Erde, ist auch der umstrittenste. Umstritten jetzt gerade in dieser wogenden Zeit, in der die Geister immer schroffer sich scheiden. Wer es Dir sagen könnte, was an Kämpfen und Beschwerden Dir noch aufgehoben ist? Eine weise Liebe hat vor der Zukunft einen Vorhang gezogen und uns den Blick verwehrt. Und uns genügt´s zu wissen, dass wir nicht allein unsere Straße ziehen. Uns genügt´s zu wissen, Gott und ein Mann sind schon die Majorität über die ganze Welt. Uns genügt´s zu wissen, dass, wenn unsre Kraft nur Schwachheit ist, der Allmächtige doch den letzten Sieg behält! Mit ihm im Bunde rufst Du die Welt in die Schranken, rufst Du´s in die Zukunft, die unbekannte hinein:

Wer – wer mag wider uns sein, ist doch Gott für uns? Drei Worte, ein Strauß. Er verwelke nicht durch zwei Jahrtausende. Lass ihn frisch bleiben in Deinem Pfarrhaus, in Deiner Amtsstube, Deinem Herzen und Dir grünt der Frühling und lacht die Sonne und winkt der Segen. Es bleibt dabei:

Gott für Dich, Gott über Dir, Gott mit Dir.

Amen

Damit Endet die Predigt von Oberkonsistorialrat Sup. Dr. Dr. Franz Költzsch (1861-1927) bei der Ordination seines Sohnes Gustav Friedrich Költzsch (1890-1957) am 2.3.1919 in der Gesauer St. Andreas Kirche.

Christiane Scheurer

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